Antisemitismus und postkoloniale Theorie
Buchvorstellung
Als ab 1942 die ersten Nachrichten über die Vernichtung der europäischen Juden im Exil eintrafen, entstand eine Ahnung von den qualitativen Dimensionen der Tat. Bereits mit dem Beginn des Kalten Krieges verschwand diese zaghafte Erkenntnis jedoch. Noch bevor das Verbrechen überhaupt einen Namen hatte, geriet es wieder aus dem öffentlichen Blick. Zwar war die Erinnerung an den Holocaust in den folgenden Jahrzehnten nicht luftdicht abgeschlossen. Sie verschaffte sich gelegentlich offen, viel häufiger jedoch in verborgener Form Geltung: sei es im Zusammenhang mit der spätstalinistischen Kampagne gegen „Kosmopolitismus und Zionismus“, der atomaren Aufrüstung oder der Dekolonisierung. Streng genommen, bewegte sich die Erinnerung an den Massenmord allerdings erst mit einer Verzögerung von etwa dreißig Jahren aus den Vororten der Erinnerung an den Nationalsozialismus in ihr Zentrum. Im Rahmen des Vortrags soll den Ursachen dieser verzögerten Wahrnehmung nachgegangen werden; zugleich wird nach den historischen Bedingungen der Möglichkeit von Erkenntnis über den Holocaust gefragt.
Jan Gerber ist Historiker und Politikwissenschaftler. Zuletzt erschienen von ihm „Ein Prozess in Prag. Das Volk gegen Rudolf Slánský und Genossen“ (2. Auflage, Vandenhoeck & Ruprecht: Göttingen/Bristol 2017) und „Karl Marx in Paris. Die Entdeckung des Kommunismus“ (Piper: München 2018). Zur Zeit arbeitet er an einem Buch über die Linke und den Holocaust.
Die Veranstaltung ist Teil der Reihe Erinnern als höchste Form des Vergessens?
Buchvorstellung
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