Sie fechten Mensur, tragen Couleur und Uniform: Burschenschaften gibt es in fast allen älteren Universitätsstädten. Hinter den Türen der meist schönsten Verbindungshäuser der Stadt spielt sich eine Parallelwelt ab, deren ideologischer Grundpfeiler beim größten deutschen Dachverband klar ein völkischer Nationalismus ist. Der Wahlspruch der Deutschen Burschenschaft lautet „Ehre – Freiheit – Vaterland“: Ehrenvoll ist, wer mit einer besonderen Härte gegen sich selbst und andere vorgeht, um in dem Männerbund Anerkennung zu finden; Freiheit meint Freiheit von dem, was ihnen als „linke Gesinnungspolitik“ oder die Unsicherheiten der Moderne verhasst ist, und ihr Vaterlandsbegriff bezieht sich auf ein größeres Gebiet als das der Bundesrepublik Deutschland. Der Burschenschaftler hat eine Haltung zur Welt, die, mit dem Philosophen Theodor W. Adorno gesprochen, mit einer geistigen Provinzialität einhergeht. Damit ist eine Unreflektiertheit der eigenen Erfahrungen gemeint, die zu einer abwehrenden Projektion führen kann: Hinderungsgrund für die von ihnen falsch verstandene Freiheit sind dann die Feministinnen, LGBTs oder (vermeintliche) Ausländer. Blickt man hinter diese Ressentiments, so merkt man schnell, dass sich ein antisemitisches Weltbild durch die Ideologie der Burschenschaftler zieht. Das Provinzielle ist dabei eine antimoderne Haltung, die sich nach personalen unmittelbaren Herrschaftsverhältnissen zurücksehnt.
Die Burschenschaftler werden derzeit immer aktivistischer, was sich beispielsweise an ihrer Beteiligung an der rechtsextremen Kampagne „Stolzmonat“ zeigt, die sich gegen den Pride Month richtet. Ihre Verbindungen zur rechtsextremen Parteien werden gleichzeitig auch zahlreicher und öffentlich kundgetan. Der Vortrag analysiert die Subjektkonstitution der Burschenschaftler und betrachtet deren ideologischen Komponenten.
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