Frantz Fanon – Antikolonialismus und Postkolonialismus

Frantz Fanon, dessen Tod sich am 6. Dezember letzten Jahres zum vierzigsten mal gejährt hat, wurde durch seine Schriften wie auch seine Biographie zuallererst ein Symbol des revolutionären Kampfes der »Verdammten dieser Erde« gegen koloniale und imperialistische Unterdrückung schlechthin. Die durch den Titel seines Hauptwerkes sprichwörtlich gewordene Bedeutung Fanons für den revolutionären Befreiungskampf der »Dritten Welt« führte, nicht nur in der deutschen Linken vor allem nach '68, zu einer ikonenhaften und selektiv auf die Legitimation des bewaffneten Kampfes gerichteten Fanon-Rezeption. Diese beschränkte sich wesentlich auf das erste Kapitel seines Hauptwerkes unter der Überschrift »Von der Gewalt« und das von Jean-Paul Sartre verfasste Vorwort zu den »Verdammten dieser Erde«. Dessen moralisch rigorose Zuspitzung von Fanons Thesen dürfte unwillentlich die ebenso falsche wie platte Lesart Fanons als Gebrauchsanweisung für den bewaffneten Befreiungskampf begünstigt haben. Dazu trug sein Ruf als Künder des gewaltsamen Aufbegehrens der unterdrückten Massen in den drei Kontinenten ebenso bei wie sicher auch sein früher Tod. Das Bild Fanons fügte sich nur allzu gut in den Mythos des »live fast and die young«, und die Popularität seines Namens stand in eher umgekehrtem Verhältnis zum Wissen über den wirklichen Gehalt seiner Theorie. Seit Ende der 80er Jahre schien seine Theorie in der radikalen Linken dann zusammen mit dem Niedergang der nationalen Befreiungsbewegungen und des klassischen Antiimperialismus etwas in Vergessenheit zu geraten. Nur antiimperialistische Rest-Zusammenhänge zückten ihr Fanon-Ticket weiterhin gewohnheitsmäßig, wenn sie sich mit unliebsamer linker Kritik an ihren revolutionsromantischen Projektionen auf nationale Befreiungsbewegungen und sogenannte »kämpfende Völker« im »Trikont« konfrontiert sahen. Vor zehn Jahren stellte Detlev Claussen daher resigniert fest, »vergessen wurde jedoch der Begründungszusammenhang von Fanons theoretischer Arbeit, und das kritische Potential seiner antikolonialen Revolutionstheorie blieb unentdeckt.« Dieser relative Stillstand in der Diskussion um Fanons Werk sollte mit dem Aufkommen von »Postcolonial Critique« und "Cultural Studies" als neuer Theorieströmung an den anglo-amerikanischen Universitäten wieder enden.


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