Bini Adamczak

Beziehungsweise Revolution

1917, 1968 und kommende

In Beziehungsweise Revolution findet Bini Adamczak für den Zusammenhang zwischen der revolutionären Erhebung in Russland 1917 und der Judenfeindschaft eine anregende Formulierung: Es handle sich dabei um einen »die Revolution begleitenden Antisemitismus«. Zum Beleg führt Adamczak eine Parole an, die Alexander F. Kerenski, Ministerpräsident der provisorischen Regierung, nach der Vertreibung aus dem Winterpalais auf einer Wand las: »Nieder mit dem Juden Kerenski, es lebe Trotzki!« Dieses Graffito wirft Fragen auf. Dass die Weißen Garden, die Feinde der Revolution, Jüdinnen und Juden hassten, dass sie und andere Konterrevolutionäre während des Bürgerkriegs mehr als 1000 Pogrome verübten und dass insofern der Versuch, die gesellschaftliche Ordnung in Russland umzuwerfen, von Antisemitismus begleitet war, ist bekannt. Doch die zitierte Aussage klingt, als hätten Revolutionäre sie verfasst. Die jedoch hätten wissen müssen, dass Leo Trotzki, der Oberbefehlshaber der Roten Armee, ein russischer Jude war – im Unterschied zu Kerenski. Was 1917 auf einer Wand stand, war kein Einzelfall.


Newsletter

Datenschutz*
 
magnifiercrossmenuarrow-up linkedin facebook pinterest youtube rss twitter instagram facebook-blank rss-blank linkedin-blank pinterest youtube twitter instagram