Rezension im Archiv für kritische Gesellschaftstheorie
Henning Ottmann, Professor für Politische Theorie und Philosophie an der LMU München, hat sich an das Mammutprojekt einer europäischen Universalgeschichte des politischen Denkens von den archaischen Heroensagen des Homer bis zur Gegenwart gewagt.1 Wenn allein schon der Versuch eines solchen Projekts größten Respekt verdient, so noch mehr die sehr gelungene Durchführung desselben. Ottmanns Darstellung glänzt durch einen hervorragenden Stil und ein fein abwägendes Urteilsvermögen, welches sich nicht weniger differenziert als unpolemisch zu erkennen gibt, und nur noch von dem schier grenzenlosen Wissen des Autors an Klasse übertroffen wird. Ottmanns Geschichte des politischen Denkens hat seinen Platz in der Klassikergallerie großer Darstellungen, angesichts des Lesevergnügens und seiner nahezu universellen Gelehrsamkeit in einem so weiten Feld des Wissens, ohne Einschränkung sicher und vollends verdient.
Umso enttäuschender und erstaunlicher fällt dann aber die Lektüre seiner Marxinterpretation aus. Es scheint bis heute ein scheinbar nicht zuletzt typisch deutsches Phänomen zu sein, in Bezug auf Marx jegliche intellektuelle Redlichkeit zu verlieren.
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