Julia Schulze Wessel

Ideologie der Sachlichkeit.

Hannah Arendts politische Theorie des Antisemitismus

Hannah Arendts Bericht vom Prozess gegen Adolf Eichmann veränderte den Blick auf die NS-Täter: vom Schauer und Sensation erregenden Bild
des Schlächters zum kühlen und unauffälligen Schreibtischtäter. Der Untertitel des Buchs, als das ihr Prozessbericht schließlich erschien, die
„Banalität des Bösen“, so ist Julia Schulze Wessel zuzustimmen, hat „Karriere gemacht wie kaum ein anderer Begriff aus der NS-Forschung“
(26). Im Anschluss an Arendt etablierte sich eine Deutung, die Eichmann als beflissenen, autoritätshörigen Bürokraten darstellt. Damit war eine
bestimmte Sicht auf den Nationalsozialismus im allgemeinen und auf die Judenvernichtung im besonderen verbunden. Geht es um Eichmann, dann
wird stets mehr verhandelt als der konkrete Fall, „anhand seiner Person wird über den allgemeinen Charakter des NS-Regimes gestritten“ (9). In
den letzten Jahren wurde das gängige Eichmann-Bild demontiert, und damit geriet auch Arendt in Kritik. Dass ersteres zurecht geschah,
letzteres aber zu Unrecht, das möchte Schulze Wessel in ihrer Studie zeigen.

erschienen in: www.literaturkritik.de Oktober 2006


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